Es ist Winterzeit in Berlin und somit Zeit mich in wärmere Gefilde zu verdrücken.
So sitze ich Anfang Januar in meiner Bude und überlege: Wo soll es hingehen? Ich hatte Indonesien und Taiwan im Kopf und vielleicht einen Abstecher nach Laos zu meinem Freund Lutz und Familie.
Die ungefähre Richtung war klar und so habe ich dann mal schnell mitten in der Nacht einen Flug nach Kuala Lumpur gebucht. Im Laufe der Nacht saß ich dann über der Karte von Indonesien und grübelte und suchte nach Flügen. Da kam mir die Idee mal wieder nach Papua zu fliegen.
Eine Woche später sitze ich im Flieger nach Kuala Lumpur und lasse das Scheiß-Wetter von Berlin hinter mir.
In Kuala Lumpur treffe ich eine Freundin mit ihrer Tochter aus Berlin und wir haben ein paar schöne Tage bevor es für mich nach Indonesien geht.
Auf meinem Weg nach Sentani-Jayapura in Papua mache ich Halt in Makassar für einen Tag. Ich will ein paar Sachen erledigen wie Einkäufe und Freunde treffen.
In meinem Hotel traf ich dann am Vormittag auf ein paar Slowenen und meine Reisepläne wären fast zunichte gemacht wurden. Sie sitzen mit gutem Rum auf der Terrasse und das konnte ich nicht ignorieren. Innerhalb weniger Stunden betrinken wir uns gnadenlos und erst nach ein paar Stunden stellen wir fest, dass wir uns eigentlich kennen. Vor ein paar Jahren sind wir uns hier schon einmal über den Weg gelaufen. Damals war es eine ähnliche Situation. Ja so ist das dann manchmal.
So muss ich meine Vorhaben für den Tag verschieben. Die Einkäufe nehmen mir es nicht übel aber meine Makassar-Freunde sind sauer das ich unsere Verabredung verschieben muss. Immerhin finde ich durch die Slowenen endlich den einzigen Laden der Stadt, der gute alkoholische Getränke außer Bier verkauft. Das sollte mir später eine große Hilfe sein.
Nach dem ich am nächsten Tag bei offener Hotelzimmertür und mit übelstem Kater aufwache, heißt es schnell zum Flughafen zu kommen. Nix mit Einkaufen und Freunde treffen sondern einfach nur den Flieger bekommen und nüchtern werden.
Ich bin froh im Flieger nach Sentani zu sitzen und falle direkt in einen tiefen Schlaf. Erst beim Landeanflug werde ich wieder wach. Was für ein toller Blick aus dem Fenster beim Landen. Die Einflugschneise führt über den wunderschönen Sentani-See mit der hügeligen Landschaft und den Inseln.
Ich habe seitdem ich den Flug nach Papua gebucht hatte versucht meine Freunde vor Ort telefonisch zu erreichen. Aber ohne Erfolg. So blieb mir nichts anderes übrig als direkt zu ihnen nach Hause zu gehen. Überraschung.
Mein letzter Besuch hier war vor sechs Jahren und ich hatte natürlich keine Adresse parat. So machte es keinen Sinn ein Taxi oder ähnliches zu nehmen. Ich versuchte einfach mal zu Fuß und nach Gefühl das Haus zu finden. Zu meiner Überraschung stand ich dann 30 Minuten später vor Anno und Agustha. Ja manchmal ist dann mein Orientierungssinn doch nicht so schlecht.
Die Freude war groß sich nach so langer Zeit wieder zusehen. Sie waren natürlich über meinen spontanen Besuch erfreut und wir hatten uns viel zu erzählen.
Wir sitzen lange im Haus bei Kaffee und Kuchen bevor ich mich erst mal in meinem Domizil für die nächsten Wochen breit mache.
Ich habe hier auf dem Grundstück jetzt eine eigene Hütte und diese ist sogar inoffiziell nach mir benannt. Das grüne große Grundstück von Anno-Agustha und Familie ist wunderschön an einem kleinen Fluss gelegen. Viele Pflanzen und Bäume zieren das Anwesen und man fühlt sich eher wie im Dschungel als in der Stadt. Vor Jahren hatte ich in einem Gespräch einfach mal angeregt eine kleine Hütte für Gäste zu bauen und das wurde zugleich umgesetzt. So kam ich zu der Ehre, dass die kleine Hütte nach mir benannt ist.
Es dauert natürlich nicht lange da hat Anno Durst und fragt ganz unauffällig nach alkoholischen Mitbringsel. Ja da kommt mein Trinker-Freund Anno wieder durch, ich lasse ihn aber zappeln.
So packe ich erst mal ein paar Geschenke wie Schokolade für die Familie und die vielen Kids aus. Ich habe in Deutschland noch schnell ein paar Fotos ausgedruckt und krame die aus meiner Tasche. Über die Fotos und die Schokis freut sich die ganze Familie.
Ich habe große Schwierigkeiten die damaligen Kids zu erkennen. Es sind halt doch ein paar Jahre ins Land gezogen und die Kids sind groß geworden. Außerdem gibt es unzählige neue Kinder. Es dauert dann ein paar Tage bis ich alle so halbwegs auseinander halten kann und mir die Namen wieder ins Gedächtnis rufe.
Der weitere Tag verläuft natürlich ganz im Sinne des Genusses von Alkoholika. Anno hat sich eine schöne Sitzecke am Fluss neben meiner Hütte eingerichtet und da lassen wir es uns gut gehen. Wir laden ein paar seiner neuen Freunde ein und genießen guten Whiskey.
Er hat ein paar verrückte indische Freunde(Indonesische Inder) in der Stadt und mit denen sollten wir gute indische Currys zubereiten, Fisch grillen und einige Ausflüge unternehmen. Das Trinken sollte dabei nie zu kurz kommen.
Was für ein wilder Start meiner Reise. Irgendwie planlos und zu trinkfreudig aber auch wunderschön.
Die nächsten Tage gewöhne ich mich langsam an Klima und Kultur und… starte mit Anno lustige Ausflüge. Wir besuchen Freunde und haben viel Spaß.
„Zu Hause“ bei Anno ist es wie immer schön. Die große Familie hat immer viel Besuch, es ist einfach Leben im Haus.
Ich habe viel Spaß mit den Kids der Familien und wir gehen schwimmen im Fluss oder klettern auf die Bäume um die gerade reifen Früchte zu ernten. Sie sind alle neugierig und wollen einfach alles wissen und lassen mir manchmal keine Ruhe. Neugier ist nichts dagegen.
Jeden Abend sitzen hier alle zusammen bei netten Gesprächen und immer viel Musik. Ich genieße die Abende und fühle mich wie zu Hause-ich bin irgendwie zu Hause. Gefühlt ist die ganze Familie eine Musik-Community und irgendwer hat immer eine Gitarre in der Hand, singt und unterhält uns.
Dazu hat der Platz inmitten der Stadt und trotzdem gefühlt im Dschungel etwas sehr Spezielles. Der Fluss rauscht vor sich hin, die Zirkaden zirpen in unheimlicher Lautstärke und keine Geräusche der „Zivilisation sind zu vernehmen.
Mit Anno lasse ich es natürlich manchmal mächtig krachen. Wir sind ja Freunde der Trinkkultur und lassen uns die alkoholischen Getränke ohne Ende schmecken. Ich lerne wieder viele neue Freunde kennen und wir sind oft in allen Ecken der Stadt unterwegs.
Gelegentlich machen wir Ausflüge zu den besten Spots der Umgebung. Meistens muss ich Anno mit einer Flasche Whiskey oder so locken.
Einer unserer Lieblingsspots sollte der Bukit Tungku Wiri sein. Mittlerweile wird er Bukit Teletubbies genannt. Touristen, wohl eher die Lokalen, haben ihm den Namen verliehen, da die Hügel von weitem den Hügeln im Film der Teletubbies ähneln. Keine Ahnung habe ich wohl nicht gesehen.
Der Hügel befindet sich in der Nähe des Dorfes Doyo Lama nur ein paar Kilometer von Sentani entfernt. Hier kann man über die vielen Hügel am Sentani-Lake laufen. Viele kleine Hütten sind an den Wegen angelegt und diese bieten uns die perfekten Trink-Spots.
Wunderschöne Ausblicke auf den Sentani-See und seine schöne hügelige Landschaft auf der einen Seite und die Stadt Sentani am Fuße des mächtigen Berges Siklop auf der anderen Seite sind zu bestaunen. Zum Sonnenuntergang, eigentlich ein schöner Ort dafür, verwandelt sich der Platz dann zum Hot-Spot der Einheimischen. Dann ist es mit der Ruhe vorbei und wir flüchten.
Ich wandere in den folgenden Tagen viel durch die Gegend. Gleich in der Nähe von Annos Haus gibt es ein paar schöne Wege durch die hügelige Landschaft. Wie fast überall wird man wieder mit Blicken auf den See belohnt. Hier schaut man direkt auf die Einflugschneise des Flughafens und die sich im Landeanflug befindlichen Flieger.
Agustha konnte sich an meine „Kochkünste“ vor Jahren erinnern und so wurde ich genötigt Deutsche Küche für die Großfamilie zu kredenzen. Das schwierigste dabei sollte der Einkauf werden. Einige Stunden war ich mit Anno auf den Märkten und in den Supermärkten unterwegs um die paar Zutaten zu bekommen. Am Ende konnte ich dann für die ca. 20 Leute Buletten, Gemüse und Kartoffeln zu bereiten. Viel Schweiß ist geflossen aber alle waren am Ende begeistert. Wie üblich musste trotzdem Reis dazu gegessen werden-ohne Reis kein Essen.
Ich wollte von hieraus weiter nach Nabire reisen. So machte ich mich eines Morgens auf den Weg zum Hafen von Jayapura um mich über die Bootsverbindungen mich zu informieren. Für die vielleicht 25 Kilometer muss man dreimal den Minibus wechseln und so wird die Tour gleich mal zu einem Tagesausflug. Leider sollten die Verbindungen der Boote überhaupt nicht mit meinen Vorstellungen übereinkommen. Entweder ich hätte direkt am nächsten Tag losfahren müssen oder dann noch weitere zwei Wochen hier verweilen müssen. So blieb mir dann doch nur die Möglichkeit des Fliegens übrig.
Auf dem Rückweg von Jayapura fiel mir eine große Baustelle kurz vor Sentani auf. Hier wird gerade ein riesiger Sportkomplex gebaut. Hier soll in diesem Jahr die Nationale Sportwoche von Indonesien stattfinden. Das ist so etwas wie eine nationale Olympiade die alle vier Jahre ausgetragen wird. Das Papua Bangkit Stadium ist schon fertiggestellt und ist mit 40000 Plätzen das größte in Ost-Indonesien. Andere Sportstätten sind noch im Bau. Ich will mir das gerne anschauen aber ausnahmsweise gelingt es mir nicht die Verantwortlichen zu überzeugen mich auf das Gelände zulassen. So klettere ich an einem Nachmittag auf einen benachbarten Hügel um einen Blick auf die wohl modernsten Sportanlagen des Landes zu werfen. Das Stadion sieht richtig gut aus und ich bedauere die Anlage mir nicht anschauen zu können.
Irgendwann kommt der Tag des Abschiedes. Ich muss weiter reisen-es kribbelt. So bewege ich mich mit Anno zum Flughafen und haben natürlich eine kleine Flasche unseres liebsten Getränkes dabei.
Ich checke ein und dann haben wir Zeit in Ruhe ein paar Abschiedsgetränke uns zu gönnen.
Wie es der Zufall will kommt gerade eine Armee-Einheit am Flughafen an und einer der Soldaten stürmt auf mich zu. Was habe ich gemacht? Aber dann erkenne ich Eka. Ein alter Freund von den Banda-Islands. Wir haben uns Jahre nicht gesehen und in den wenigen Augenblicken, die wir haben, müssen wir uns viel zu erzählen. Ich habe viel im Guest House seines Vaters gewohnt und ihm Englisch-Unterricht damals gegeben. Was für eine Freude. Leider geht es seiner Mutter nicht so gut und so sollte ich in den nächsten Tagen mehrfach mit seiner Familie telefonieren. Eine schöne zufällige Begegnung.
Dann kommt der Abschied von Anno und leicht benebelt fliege ich nach Nabire. Ich will hier die Wal-Haie die hier heimische sind besuchen.
Mit Anno bin ich nach wie vor in Kontakt und wir telefonieren regelmäßig. Ein paar Wochen später konnte ich ihm einen Job als Guide für Freunde vermitteln. Das hat er schon einige Jahre lange nicht mehr gemacht aber meine Berliner Freunde Ninette und Madlen waren begeistert. Sie waren mit ihm in den Bergen von Wamena der Heimat der Dani-Tribes unterwegs.