Auf der Flucht vor dem grauen kalten November zog es mich für zehn Tage nach Portugal.
Ich hatte eigentlich andere Reise-Ideen im Kopf. Die so günstigen Flüge nach Faro trieben mich am Ende in den Süden von Portugal. Bis dahin kam ich irgendwie noch nie auf den Gedanken dem Land einen Besuch abzustatten. Warum eigentlich nicht?
Ich hatte überhaupt keine Idee was ich dort machen will. Ich wollte nur dem grauen November in Berlin entfliehen. Meine Mitbewohnerin brachte mich dann zwei Tage vor dem Abflug auf eine gute Idee. Sie erzählte mir von einem Wanderweg an der Atlantikküste-dem sogenannten Fishermen’s Trail.
So landete ich in Faro bei schönstem Sonnenschein und fand eine schöne und supergünstige Pension inmitten der Altstadt. Während der nächsten Tage sollte ich mich über schönstes Wetter, herrliche Natur und günstige Übernachtungspreise(Dank der Nebensaison) in Portugal erfreuen.
Faro gefiel mir gleich sehr gut, irgendwie liebenswert. Die nette ruhige Altstadt, das Meer und gutes Essen und dazu eine verrückte kleine Spelunke sollten mir den Ort näher bringen. In der kleinen Kneipe sollte ich gleich am ersten Abend versumpfen und meine Pläne ein wenig ändern.
So ging ich meine Wanderpläne sehr langsam an. Ich hing einen Tag in Faro und Umgebung ab und genoss das herrliche Wetter an der Algarve. Ich wollte ja an der Südwestküste Wandern gehen und so bewegte ich mich langsam in Richtung Westen. Ich machte für einen Tag Stopp in Lagos. Die Küste ist hier wunderschön aber mit der Stadt konnte ich nicht wirklich etwas anfangen. Dafür gab es von hier aus Busse nach Odeceixe den Startpunkt für meine Tour auf dem Fischertrail.
Die meisten Wanderer starten im Norden in Porto Covo und laufen dann in mehreren Etappen südwärts nach Odeceixe. Ich beschloss gegen den Strom zu wandern und im Süden zu beginnen.
Der Fishermen’s Trail, als Teil der Rota Vicentina, führt entlang der Südwestküste über vier Etappen und ca. 80 Kilometern. Wer Lust hat kann hier ein paar zusätzliche Schleifen auf der Tour einbauen und ihn mit anderen Wanderwegen kombinieren.
Die Rota Vicentina ist ein Netz von Weitwanderwegen im Südwesten von Portugal. In der Region des „Naturparks do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina“ gibt es ca. 400 Kilometer zu erwandern. Hier gibt es unter anderen einen „Historischen Weg“ der durch das landwirtschaftliche Hinterland führt und den sogenannten Fischerpfad der fast ausschließlich der wilden Küste folgt.
Dieser Fischer-Trail führt entlang steiler Klippen, durch artenreiche Dünen und über traumhafte Strände.
Die beste Zeit zum Wandern hier soll zwischen den Monaten September und Juni sein, da es in den Sommermonaten sehr heiß werden soll. Da sollte mein zufälliges Timing mit dem November perfekt sein.
So lande ich eines Vormittages in Odeceixe. Die Sonne scheint, ich kenne den Ortsnamen meines Tageszieles und brauche erst mal nur die Küste zu finden. Der Ort liegt ein paar Kilometer landeinwärts aber mein Busfahrer gibt mir die Richtung zum Meer vor.
So finde ich mich eine Stunde später am Meer wieder und werde die nächsten Tage immer in der Nähe der Südwestküste unterwegs sein. Man kann auf dieser Tour eigentlich nicht die Orientierung verlieren. Immer Richtung Norden-links das Meer und rechts das Festland.
Der Strand von Odeceixe ist wunderschön. Die Weite des Meeres und der breite herrliche Strand wecken sofort die Lust diese Küstenlandschaft zu erwandern. Es geht hoch auf die Klippen über dem Strand. Hier bietet sich mir ein fantastischer Ausblick. Die ersten Kilometer in Richtung Norden sollte ich allein in dieser Landschaft unterwegs sein. Ich folgte einfach dem kleinen Pfad auf den steilen Klippen.
Gleich am ersten Tag sollte mir dann wieder bewusst werden, wie schnell sich das Wetter am Meer ändern kann. Nach etwa einer Stunde wurde die Sonne von dunklen Wolken verschluckt und alles um mich herum war grau und es begann zu regnen. Für einen kurzen Moment fragte ich mich: Was will ich hier eigentlich?
Irgendwann kämpfte sich die Sonne wieder heraus und ich erreichte Azenha do Mar. Ein kleiner Ort direkt an der Küste mit einem fast perfekten natürlichen Fischerhafen. Das Restaurant gleichen Namens scheint sehr populär zu sein. Der Laden platzt aus allen Nähten und fantastische Meeresgerichte werden serviert. Ich lasse mir einen Tintenfischsalat schmecken und trinke zur Stärkung ein paar Gläser Wein bevor ich weiter ziehe. Damit läuft es sich auch gleich viel besser.
Mein Tages-Ziel ist Zambujeira do Mar und ich habe noch einige Kilometer vor mir. Es geht jetzt mehrfach die Klippen rauf und runter. Ich komme dabei doch ein paar Mal kurz ins Schwitzen. Traumhafte Strände, ein kleiner Wasserfall und immer wieder der weite Blick auf das Meer und die Sonne lassen die Anstrengung schnell vergessen.
Eine kleine Hütte an einem der Strände lädt zum Verweilen und Genießen von köstlichen Getränken ein. So vergeht der erste Wandertag wie im Fluge.
Ich erreiche dann kurz vor dem Sonnenuntergang Zambujeira do Mar. Ein wunderschöner Ort über den Klippen mit einem schönen Strand zu Füßen. Ich lasse mich hier vor einer kleinen Kapelle nieder und genieße den Sonnenuntergang vor der herrlichen Kulisse.
Ich habe wie immer keine Unterkunft gebucht und das sollte auch kein Problem werden. Es ist ein touristischer Ort und nicht schwer ein Bett zu finden. Dies sollte ich die nächsten Tage so beibehalten und immer eine Bleibe für die Nacht finden.
Am nächsten Morgen erkunde ich ein wenig den Ort mit seinen schönen Häusern bevor ich die zweite Etappe in Angriff nehme. 22 Kilometer sollen mich zu meinem Tagesziel nach Almograve führen.
Eine frische Brise vom Meer weht mir am Morgen ins Gesicht als ich die sehr abwechslungsreiche Wanderung am heutigen Tag beginne.
Der Pfad verläuft dabei häufig direkt auf den Felsklippen. Ich passiere einen kleinen traditionellen Fischerhafen in einer wildumtosenden Bucht, einen Leuchtturm auf den Klippen, es geht durch ein schönes Waldstück mit herrlichem Kiefernduft und es folgt eine Dünenlandschaft mit meterhohen rotgefärbten Dünen und seiner rötlichen Steilküste. Immer wieder laufe ich über die schönsten Strände und der Weg führt mich auch durch Kulturlandschaften in ein schönes kleines Dorf. Hier werde ich wieder köstlich versorgt. Die kleine Kneipe ist so einladend das ich wieder schnell die Zeit bei geistigen Getränken vergesse.
Zwischen den Dünen, den Klippen, den Feldern und Wäldern tummeln sich unzählige Tiere. Ein besonderes Schauspiel sind hier Störche, die auf den hohen zerfurchten Klippen nisten. Leider kann ich nur die leeren Nester bestaunen, die Störche scheinen ausgeflogen zu sein. Dafür begleiten mich Kormorane und Möwen auf meinen Wegen.
Ein großer Teil des Tages führt mich auf kleinen Pfaden durch die traumhafte Dünenlandschaft. Meterhohe Dünen türmen sich auf und lassen mich im Sand versinken. Ich habe schon früh am Morgen meine Schuhe im Rucksack verpackt und laufe barfuß. Das ist so viel angenehmer und ziehe meine Schuhe in den nächsten Tagen nur noch am Abend in den Ortschaften an.
Die Wege auf dem Fischer-Pfad sind nur zu Fuß begehbar. Alte Wege, die die Einheimischen wahrscheinlich schon seit hunderten Jahren benutzen, um zu den Stränden und Angelstellen zu kommen. Nur an einigen wenigen Plätzen gibt es eine Art Zufahrt.
Sand Sand Sand und das rauschend Meer und die bizarren Klippen und trotzdem blüht und grünt es überall. Schilf, wilde Blumen, Kräuter und Kakteen und andere Sukkulenten-unglaublich viel gedeiht hier prächtig.
Ein toller Tag geht zu Ende als ich am späten Nachmittag Almograve mit seinem ausgedehnten Sandstrand erreiche.
Hier in der netten Ortschaft finde ich eine Jugendherberge in der ich übernachten sollte. In Hostels verlaufe ich mich ja öfter aber eine ganz offizielle Jugendherberge, das hatte ich schon Jahre nicht mehr. Es ist zwar so ein großer praktischer und schon in die Jahre gekommener Bau ohne allzu viel Charme aber die Mitarbeiter und das Frühstück sind klasse. Der kleine Ort ist wahrscheinlich im Sommer voller Touristen. Jetzt ist er so entspannend und nur ein paar Wanderer verlaufen sich hierher.
Mir wird ein Restaurant im Ort empfohlen und das ist der Kracher überhaupt. Der Seafood ist grandios und dazu einen Liter, wahrscheinlich war es mehr, des köstlichen Hausweines und ich will nicht mehr gehen. Ein paar andere Wanderer leisten mir Gesellschaft und irgendwann werden wir leider rausgekehrt.
Am nächsten Morgen komme ich dann doch ein wenig spät aus dem Bett. Dafür steht mit 15 Kilometern die kürzeste Etappe auf dem Programm. Es geht von Almograve nach Vila Nova de Milfontes.
Ob es am Wein des gestrigen Tages liegt oder ob die Ausschilderung des Wanderweges so verwirrend ist, ich weiß es nicht. Ich irre um Almograve und seinen Stränden erst mal herum. Ich brauche Ewigkeiten bis ich endlich meinen Weg gefunden habe.
Es geht  auf sandigen Wegen weiter und Klippen, Buchten, Dünen und Strände wechseln sich ab. Alles ähnelt sich und trotzdem ist alles immer irgendwie anders. Die Sonne gibt ihr bestes am heutigen Tag und da kommen mir die wunderschönen weiten Strände gerade recht. Das Wasser ist saukalt aber alles ist so einladend das ich mich kurz ins Meer begebe.
Am Nachmittag erreiche ich den Fluss Mira. Hier bieten sich mir bezaubernde Aussichten auf die kleine Küstenstadt Vila Nova de Milfontes mit dem Fluss und den grünen Hängen der Umgebung. Die große Brücke über den Fluss ruft mich. Schon von weitem ist klar, diese muss ich überqueren um in die Stadt zu gelangen.
Der Weg zur Brücke führt mich durch einen Kork-Wald. Die Rinde der Korkeichen wird alle zehn Jahre geerntet. Diese urigen Bäume sehen geschält schon seltsam aus. Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen ein Stück Kork mitzunehmen.
Auf der Brücke bietet sich mir wieder ein herrlicher Ausblick auf den Fluss und dessen Mündung im Meer an.
Die Stadt ist der größte Ort auf meiner Tour und irgendwie trotzdem reizend.
Hier lande ich durch Zufall auf einem Campingplatz. Eigentlich wollte ich nur in einem kleinen Restaurant etwas essen. Da wird mir der Platz empfohlen und ich miete eine niedliche kleine Hütte.
An meinem letzten Wandertag geht es nach Porto Covo. Das Wetter zeigt sich wieder von der besten Seite. Ich darf Sonne pur genießen. Das passt perfekt zu dieser Sand-Tour durch die Strand-und Dünenlandschaft.
20 Kilometer auf kleinen Pfaden und fast nur sandigen Untergrund werden ein wenig anstrengend. Es geht die Dünen und Klippen hoch und runter.
Die Vielfalt der Strände ist fantastisch. Strände, die in die Dünenlandschaft übergehen, endlos weite goldene Sandstrände und kleine einsame Buchten sorgen für Abwechslung. Das rauschende Meer weicht nie von meiner Seite bis ich mein Ziel erreiche.
Eine fantastische Küstenwanderung geht hier zu Ende.
Ich halte mich nicht lange auf in Porto Covo. Während der letzten Wander-Etappe habe ich beschlossen einen Abstecher nach Lissabon zu machen.
So geht es gleich am Nachmittag mit dem Bus weiter in die Hauptstadt Portugals. Knapp zwei Stunden später lande ich in einer anderen Welt. Nach der Ruhe auf dem Fischerpfad werde ich von der so lebhaften Stadt in den Bann gezogen. Leider bleiben mir nur zwei Tage und ich bekomme nur eine Idee von der schönen Stadt.
Auf alle Fälle finde ich sofort Gefallen an Lissabon und werde wohl irgendwann mal wieder hier landen.
Die Stadt ist wohl eine der schönsten Städte Europas. Sie ist eher klein aber es gibt viel zu sehen und zu erleben. Lissabon mit seinen sieben Hügeln bietet herrliche Aussichtspunkte um die Schönheit der Stadt zu genießen. Ob der herrliche Blick auf die große Mündung des Tejo, das Dächermeer der schönen verwinkelten Altstadtviertel, die Festung Castelo de Sao Jorge, die vielen Kirchen und…

Catedral Se Patriarcal

Die Altstadt mit ihren herrlichen Fliesenfassaden und engen Gassen ist einfach faszinierend. Ich lasse mich einfach durch das Labyrinth von Gassen treiben. Immer wieder gibt es etwas zu entdecken. Die Stadt ist bunt und voller Leben. Aufgrund der vielen Hügel kann eine Lissabon-Tour anstrengend werden, da es gefühlt immer wieder hoch und runter geht. Dafür schlängeln sich alte Straßenbahnen durch die kleinsten Gassen und erleichtern das Erkunden der Stadt. Eine Fahrt mit den nostalgischen Trams durch das Straßengewirr ist eigentlich ein Muss.
Nach knapp zwei Tage muss ich die Stadt leider wieder verlassen, da mein Flug von Faro nach Berlin auf dem Programm steht. Ein kurzer aber lohnenswerter Abstecher nach Lissabon geht zu Ende.

Triumphbogen Arco da Rua Augusta