Nachdem ich Raja Ampat in West-Papua verlassen hatte, wollte ich zurück auf die Banggai-Inseln. Meine Rückreise verlief aber mal wieder anders als geplant. In Papua sollte ein schweres Unwetter am Morgen meines Abfluges wüten und auf dem Flughafen von Sorong war Chaos angesagt. Flüge wurden verschoben oder gecancelt und Informationen waren Mangelware. So saß ich fast acht Stunden am Flughafen fest, bevor es für mich doch noch kurzfristig einen Flug nach Makassar (Sulawesi) gab. Hier sollte ich natürlich dann meinen Anschluss nach Luwuk verpassen. Die meisten anderen Passagiere hatten auch kein Glück mit ihren Anschlussflügen aber irgendwie schienen sie sich damit abzufinden. Ich sollte erst mal ein bisschen Stress im Office der Fluggesellschaft machen. Mir stand ja irgendwie ein Ausgleich zu. Am Ende buchten sie mich auf den nächsten Morgen um und kümmerten sich um eine Übernachtung. So wurde ich in ein Hotel gefahren, bekam am nächsten Morgen ein Frühstück und wurde wieder abgeholt. Leider ging mir trotzdem ein Tag verloren. Von Luwuk aus nahm ich dann am nächsten Tag ein Boot nach Banggai um von dort gleich weiter zu reisen.

Fisch liegt zum Trocknen aus

Im Hafen von Banggai

Der Hafen von Banggai ist interessant wie die meisten Häfen, hier stört es mich überhaupt nicht, wie so oft, auf die Abfahrt zu warten. Die Abfahrtszeiten sind ja eh immer sehr flexibel gehalten. Es gibt immer viel zu beobachten, hier kann es gar nicht langweilig werden. So verbrachte ich ein paar Stunden nach meiner Ankunft aus Luwuk hier bevor es in Richtung Bangkurung-Insel ging.Die Fahrten zu den Inseln des Archipels sind wie immer toll. Die Routen sind nicht immer dieselben und so sieht man immer wieder andere dschungelüberwucherte Inseln im grün-blau-türkis schimmernden Wasser und toll gelegene Dörfer. Ein Bajo-Dorf (wenn man das sagen darf: See-Zigeuner)zum Beispiel in der Nähe des Dorfes Lala ist wunderschön gelegen. Kleine vorgelagerte Inseln, eine traumhaft schöne Bucht und tolle Menschen. Man will mich gleich überreden hier auszusteigen und ich überlege auch lange. Aber irgendwie bin ich mal nicht spontan genug und fahre dann wie geplant zu Papa Sarah nach Lala.

Lala-Village

Ich war hier vor einem Monat kurz für ein paar Tage und will mehr von der Gegend sehen. Außerdem sind Papa Sarah und Familie ein Traum von Gastgebern.Ich unternehme einige Wanderungen mit Papa Sarah. Er freut sich, dass ich Lust darauf habe und so muss er nicht immer alleine los. Er zeigt mir stolz seinen Garten mit allen erdenklichen Obstbäumen, Gewürz-Pflanzen-und Bäumen und Gemüsebeeten. Leider ist gerade für die meisten Früchte keine Saison. Trotzdem lerne ich hier neue leckere Früchte kennen, ich habe aber leider schon wieder den Namen vergessen. Das Beste im Moment ist für mich die Durian-Saison (Stinkfrucht). Die hat gerade begonnen und es gibt viele Früchte.

Durianbaum voller Früchte

So suchen wir bei jedem Gang in den Garten erst mal nach den Durian-Früchten. Viel Leben gibt es hier wie im Dschungel. Überall kriecht und fliegt irgendetwas herum. Unzählige Vögel, viele Echsen z.B. auch fliegende Echsen und überall blüht irgendetwas. Ich sollte dann, wie in diesem Jahr doch schon häufiger, auch mal wieder die Begegnung mit Schlangen machen.In der Nachbarschaft gibt es im Wald einen Platz wo die Locals ihre Hahnenkämpfe austragen. Da geht es auch wild zur Sache. Hier bin ich ein paar Mal zu Besuch und finde auch ein paar Locals mit denen ich einen guten Selbstgebrannten trinken kann. Die Hahnenkämpfe sind echt spannend aber auch fragwürdig. Warum trainiert man die Hähne für diese Kämpfe? Aber die Locals haben ja auch sonst wenig Abwechslung/Unterhaltung, da kann man als Mensch aus der Großstadt auch dumme Sprüche machen.Die Gegend um Lala auf Bangkurung-Island ist bekannt für eine endemische Art von Cardinalfischen. Diese sind überall in großen Schwärmen im Meer direkt vor den Dörfern zu finden. Einfach Maske aufgesetzt und vom Bungalow direkt ins Meer und schon beginnt das Unterwasserkino. Das Riff vor Lala ist zwar teilweise, in der Vergangenheit durch das Fischen mit Dynamit, zerbombt wurden. Eine Scheißsache, die die Locals aber zum Glück aufgegeben haben. Sie haben verstanden, dass sie ihre Lebensgrundlage damit zerstören. Es gibt aber trotzdem viel zu entdecken. Auf alle Fälle mangelt es nicht an Fischen. Riesige Venusmuscheln gibt es hier überall und diese werden auch gerne verspeist. Ich sollte diese dann auch einmal Mal verköstigen.Viele Familien des Dorfes fischen zusammen. Besonders wenn sie mit großen Netzen fischen gehen tuen sich viele Männer zusammen. Wenn sie dann zurück ins Dorf kommen ist das ein Highlight. Das halbe Dorf ist versammelt und man teilt die Fische auf. Dann geht es zu wie auf einem großen Basar obwohl nix verkauft wird. Wenn dann auch noch ein seltener weißer Besucher auftaucht wird es lustig.Früh am Morgen ist es immer interessant in den Dörfern am Meer. So stehe ich doch oft, man kann es kaum glauben, zum Sonnenaufgang auf. Da passiert immer so viel. Fischer kommen zurück oder fahren gerade los. Es wird direkt vor der „Tür“ gefischt. Alles ist irgendwie in Bewegung am Morgen. Waren und Passagiere werden auf die Boote verladen, da ja morgens immer die Boote in Richtung der größeren Orte abfahren ob nach Banggai oder Luwuk. Die Kinder gehen in die Schule und…Auf den Inseln ob auf Bangkurung oder kleineren Vorgelagerten gibt es unzählige Kokospalmen. Daher gibt es auch viel Kopra, das Fleisch der Kokosnuss. Überall werden die Kokosnüsse geschält, gespalten und getrocknet, meist mit Hilfe von Feuer/Wärme. Das Fleisch(Kopra) wird dann herausgeholt. Dies kann man überall beobachten. Die Boote zwischen den Inseln sind meist voll beladen mit Kopra, neben Fisch natürlich. Aus dem Kopra gewinnt man später das Kokosöl aber auch Kokosraspeln und…Ein großes Business neben Kopra ist hier getrockneter Fisch. Viel von ihren Fängen wird in Salz eingelegt und dann in der Sonne getrocknet. Überall kann man den Fisch, der zum Trocknen ausliegt sehen. Später verpacken sie diese Fische und verkaufen sie an Händler die sie in die großen Städten Indonesiens oder nach Singapur, Malaysia und… exportieren. Es ist unglaublich welche Mengen an getrockneten Fisch hier zusammen kommen.
Das Dorf Lala liegt ja wie fast alle Dörfer in dieser Region direkt am Meer. Es hat einem kleinen Strand und zum Teil grenzt es an einen Mangrovenwald der sich ein Stück in Richtung Inselinneres ausbreitet. So sind viele Häuser über dem Wasser gebaut und nur über lange Stege bzw. mit Booten erreichbar. Es macht einfach Spaß durch die schöne Gegend zu laufen und hier und da einen kleinen Schwatz mit den Locals zu halten. Im Dorf selber gibt es keinen richtigen Laden geschweige denn ein Restaurant oder Ähnliches. Nur ein winziger Shop verkauft Zigaretten und ein paar ältere Damen verkaufen Gemüse aus ihren Gärten.Ich habe mir daher extra ein paar Bier aus Banggai-Stadt mitgebracht, da es hier sonst ja nix zu kaufen gibt. So fahre ich jeden Abend mit Papa Sarah mit dem Boot kurz in den nächsten Ort um Eis zu kaufen. Das Eis ist zwar eigentlich gedacht den Fisch zu kühlen aber das Bier freut sich auch. Warmes Bier ist ja nun wirklich nicht trinkbar. Gelegentlich kann ich Papa Sarah auch auf ein Glas überreden, aber seine Frau schaut mich dann immer böse an. Aber eigentlich mag sie mich.Die besten Unterwasserplätze der Gegend sind meist nur mit dem Boot zu erreichen. Ich sollte mit Papa Sarah viele Bootstouren unternehmen. Er geht dann meist fischen oder sammelt Muscheln zum Essen, während ich das Kino unter Wasser genieße bzw. kleine Inseln für mich entdecke. Dabei ist eine Insel schöner als die andere und was für traumhafte Strände man hier vorfindet. Die meisten Inseln sind unbewohnt oder werden nur gelegentlich von Fischern zum Übernachten benutzt. Oft grillen wir den frisch gefangenen Fisch direkt. Kann man denn ein besseres Lunch erwarten? Eine Tour sollte uns auf die Insel Panteh führen. Ein traumhaftes Fleckchen Erde umgeben von ebenso traumhaftem Meer. Hier gibt es drei kleine Dörfer bzw. Ansammlungen von ein paar Hütten. Diese werden zu mindestens saisonal bewohnt. Also zur Fischsaison. Eines dieser kleinen Dörfer ist ein Bajo-Dorf und wir sollten viel Zeit mit den tollen Menschen verbringen. Wir saßen in den meist über dem Wasser errichteten Hütten, schauten den Locals beim Sortieren und Ausnehmen der Fische zu, bekamen lecker Fisch und grillten diesen. Fast alles dreht sich hier um Fisch, ich habe selten so viel Fisch und Meeresfrüchte gesehen ob gerade frisch gefangen oder zum Trocknen ausgebreitet.
Auch das Leben unter Wasser ist klasse. Ein fast intaktes Riff und das vielfältigste Leben was ich in dieser Region gesehen habe. Unheimlich viele Oktopusse leben hier und wir sollten einige fangen können. Aber auch viel große Fische, Nacktschnecken, Lobster, Moränen, Seegurken, Muscheln und Haie. Die Riffhaie lagen meist unter Korallen und Steinen und schienen zu schlafen. Man konnte direkt neben ihnen schwimmen und sie rührten sich überhaupt nicht. Das sollte mein letzter richtig großartiger Unterwasserausflug werden.An meinen letzten Tagen kam dann noch ein weiterer Besucher nach Lala.
Ein Franzose der gerade eine Doku für Arte vorbereitet. Diese soll dann im Herbst gedreht werden. Einen kurzen Spot hatte er schon letztes Jahr gedreht und der ist klasse. Seine Fotos und der kurze Film zeigen er versteht sein Handwerk. Der Film soll vom Leben der Bajos in der Inselwelt handeln. Unter anderem über das kleine Dorf auf Panteh-Island und über ein Atoll in der Gegend auf dem die Bajos leben. Aber seine inhaltliche Vorbereitung war die Katastrophe. Mit Indonesiens Geschichte bzw. die der Region hat er sich scheinbar noch nie beschäftigt. Er spricht kein Indonesisch und auch sein Englisch ist schlecht. Dazu hat er sich einen Dolmetscher aus der Umgebung, den Englischlehrer, geholt, der aber auch nicht so gut ist. So hat er viel falsch verstanden und ich musste ihn auf einige dieser Fehler hinweisen. Er war zum Beispiel der Meinung das Indonesien eine deutsche Kolonie und nicht die der Holländer war. Deutsch und Dutch, das war für ihn dasselbe. Da war ich schon überrascht das Arte zum Teil so unprofessionell arbeitet. Mal schauen was da am Ende herauskommt, von seinen Bildern war ich jedenfalls begeistert.
Die Zeit sollte leider schnell verfliegen und es war Zeit Indonesien nach zwei Monaten langsam zu verlassen. Meine Rückfahrt nach Luwuk sollte leider mal wieder meinen Zeitplan durcheinander wirbeln. Das Boot sollte mitten auf der Fahrt mal für ein paar Stunden einen Halt einlegen. Es sollten Kopra und Trockenfisch in Unmengen verladen werden. So kam ich spät am Abend mit vier Stunden Verspätung an und meine letzte Möglichkeit des Shoppens in Indonesien war dahin.
Dafür sollte ich in der letzten Nacht bzw. früh am Morgen noch an einer Beerdigungszeremonie teilnehmen. Meine neuen Freunde aus Luwuk, der Großvater bzw. Onkel war gerade verstorben, holten mich am Hafen ab und es ging in das Heimatdorf. Hier war der Tote im Haus aufgebahrt und die Angehörigen kamen zu Gebeten zusammen und nahmen Abschied. Anschließend begann die rituelle Reinigung (Waschung) des Verstorbenen.
Leider konnte ich dann nicht bis zum Ende bleiben, da es für mich Zeit war zum Flughafen aufzubrechen. Ich hatte fünf kurze und längere Flüge innerhalb der nächsten 30 Stunden vor mir.
Mein nächstes Ziel war meinen Freund Lutz in Laos zu besuchen. Dies war eine sehr spontane Entscheidung, Laos sollte ursprünglich nicht auf meinem Weg liegen.