Noch mal eine Fortsetzung meiner letzten News, auch wenn es doch länger gedauert hat und ich schon wieder ganz woanders bin.flower
Während ich so blöd an der Grenze herumstand bis die Polen mich mitgenommen haben, bekam ich so einen ersten seltsamen Eindruck vom Nagaland.
Erst mal wollte mir hier jeder erzählen, dass ich ja einen Jeep mieten muss und auch einen lokalen Guide brauche um dort zu reisen. Das war auch bis vor ein paar Monaten so, aber trotzdem haben das alle weiter behauptet. Auch das es keine öffentlichen Transportmittel gibt. Aber alles Blödsinn. Man kann jetzt dort alleine reisen und außer an Tagen wie Ostersonntag gibt es auch Transportmittel. Mit Bussen sieht es zwar schlechter auunterwegs auf  den felderns, die fahren wenn es welche gibt nur einmal am Tag. Dafür gibt es überall Sammeljeeps, die losfahren wenn sie voll sind. Diese sind bei den schlechten Straßen und der bergigen Region dort auch besser.  Auch will irgendwie jeder der an mir vorbeikommt Geld, alle kommen an und erzählen mir wie schlecht es ihnen geht und dann holen sie ihr Smartphone raus. Da sage ich dann nix. Also den Anfang fand ich nicht so toll.
Mit den Polen und ihrem Fahrer ging es dann rein in das Nagaland bzw. in das Land der Konyak. Dieser Tribe lebt im Norden des Nagalandes direkt an der Grenze zu Myanmar. Aufgrund der Nähe zu den Grenzen zu Myanmar und China gibt es auf unserem Weg viel Kontrollposten von Militär und Polizei. kids in monEs heißt jetzt immer wieder Passkopien verteilen und irgendwo sich eintragen. Immerhin sind die meisten informiert, dass man jetzt hier alleine reisen kann, da ich ja nicht in den Papieren der Polen stehe. Nur einmal will ein Kontrollposten es nicht glauben und telefoniert dann erst mit seinem Chef bevor es weitergeht. Wahrscheinlich sind noch nicht so viele Touris alleine hier eingereist. Immerhin bin ich ja auch nicht auf dem üblichen Weg ins Nagaland, da die meisten weiter im Süden über die Provinzhauptstadt einreisen. Ich will aber nur ins Konyakgebiet, da es für mich am interessantesten klingt und so habe ich auch diese Route gewählt.
Die Straßen auf unserem Weg sind eine Katastrophe und so brauchen wir ca. 3 Stunden für 40-45 km, auch ist alles dementsprechend staubig und wir werden ordentlich durchgeschüttelt. Ich sehe hier seit langem in Indien mal wieder die mittelalterlichen Straßenbaumethoden. Überall am Straßenrand sitzen die Frauen und machen mit ihren kleinen Hämmern aus großen Steinen kleine Steine, den Schotter für die Straße. Harter Scheißjob in der Hitze und bei dem Staub. Eigentlich habe ich in den letzten Jahren gedacht,  dies gibt es hier nicht mehr.in longwa unterwegs
Irgendwann kommen wir dann in Mon, dem Zentrum der Konyak an. Mon ist wunderschön auf einem Hügel bzw. einem Bergrücken gelegen und bietet schöne Aussichten auf das Konyakland. Hier müssen wir uns auch gleich bei der Polizei anmelden und unsere Kopien sind wieder sehr beliebt.
Hier sollten wir dann den ersten Tag schlafen. Das Hotel finde ich zwar vollkommen überteuert für Indien und auch für das Essen verlangen sie stolze Preise, aber das sollte dann überall im Nagaland so sein. Als Vergleich zahlte ich hier ca. das Dreifache für ein Zimmer und das Essen war sogar 4-5mal so teuer wie normalerweise in Indien.seltsame zitrusfrucht
Die Polen lerne ich hier am Abend richtig kennen. Da ich eine Flasche russischen Wodka dabei habe, geht das noch viel schneller, sind ja richtige Polen, die gerne einen Trinken. So sitzen wir hier die halbe Nacht herum und haben viel Spaß. Ich habe unterwegs ein paar Tipps für das Konyakland bekommen und so ändern die Polen mit ihrem Fahrer und Guide auch gleich die Tour. Das ist natürlich perfekt für mich, habe so nette Leute um mich herum und dann sind wir auch noch richtig mobil und ich komme dahin wo ich will. Siebutterfly (2) wollen auch kein Geld für die Tour, da sie schon alles bezahlt haben und dies über die Reiseagentur von ihr bzw. seine Fotoagentur bezahlt wird. Wir einigen uns dann später, dass ich wenigstens dem Fahrer dafür ein gutes Trinkgeld gebe.
Die Polen sind ein paar Jahre älter als ich und richtig cool. Sie kennt Indien seit Anfang der 80er Jahre und spricht fließend Hindi und er ist ein richtiger Fotoprofi. Er arbeitet unter anderem für ein paar amerikanische Agenturen und hat so viel Fotoausrüstung dabei, das habe ich noch nie gesehen, unglaublich. Einige Locals sollten ihn am Ende hassen für seine penetrante Art beim Fotografieren.
So ging es dann am nächsten Tag von Mon aus zunächst in verschiedene kleinere noch sehr tkleines dorf im nagalandraditionelle Dörfer. Dafür wurde auch ein Localguide organisiert, was sehr hilfreich war.
Wie immer gab hier es viele Kontrollposten mit dem Wunsch nach Kopien und einmal wurde sogar das ganze Auto bzw. Gepäck kontrolliert. Wie sich dann herausgestellt hat, wurde dabei nach Alkohol gesucht. Dieser ist im ganzen Nagaland verboten und ich war froh, dass ich meinen Wodka in Wasserflaschen umgefüllt hatte. Den hatte ich eigentlich nur aus Gewichtsgründen umgefüllt aber jetzt war es doppelt gut. Als ich später hier erleben sollte was alles für gewöhnlich konsumiert wird, war es schon ein Witz mit den Alkoholkontrollen.
Die Dörfer sahen meist wirklich noch sehr traditionell aus, wie vor hundert Jahren oder so, wenn nicht überall mittendrin riesige Mobilfunkmasten stehen würden.
In den Dörfern ging es immer erst mal zum Häuptling, dessen Haus war meist im Zentrum des Dorfes auf einem Hügel. opiumraucherNachdem die Häuptlinge unseren Besuch gestattet haben, hieß es Platz nehmen in dessen Haus und den üblichen Opiumsessions beiwohnen. Die Hütten der Häuptlinge waren meist voller Besucher und alle waren immer nur am Rauchen, natürlich nur Männer aller Altersschichten.
Die Häuser hier hingen voller Tierschädel, die Menschenschädel wurden von den Missionaren verbannt. Die Konyak bzw. alle Nagastämme waren berühmt berüchtigte Kopfjäger bis ins 20. Jahrhundert hinein. Außerdem war alles voller Holzschnitzereien, Waffen zur Jagd und verschiedenste Percussion-Instrumente.häuptling (2)
Die Menschen selber bzw. die Älteren tragen viel Schmuck, sind tätowiert und tragen riesige Horn bzw. Holzpflöcke in ihren Ohren. Leider führen die Jüngeren diese Tradition nicht weiter außer dem Opiumrauchen. Die Gesichter der Menschen haben nicht Indisches an sich, man sieht sofort,  dass wir weit weg vom eigentlichen Indien sind.
Ich war am Anfang schon sehr überrascht über den Konsum von Opium und Ganja hier überall. Aber wenn man die geografische Lage betrachtet, erklärt dies vieles. Wir waren ja sozusagen fast im Goldenen Dreieck unterwegs, nicht weit weg von Myanmar und China.
Viewaffenschmied bei der arbeitle der Dörfer leben noch sehr unabhängig, das heißt sie stellen noch fast alles selber her. In Tamgnyu einem sehr traditionellem Dorf besuchten wir die Häuser von einem Waffenschmied, den Tischlern, Töpfern und…und alles geschieht wie vor langer Zeit. Sie gehen jagen, fischen und betreiben viel Landwirtschaft. Aber leider nur von der älteren Generation und vieles wird aussterben. Ich denke in 10 Jahren sieht das hier alles ganz anders aus.
Leider sind die Konyak und vermutlich alle Nagavölker wie die Christen z.B. in Indonesien, d.h. sie jagen und essen einfach alles. So sieht und hört man kaum noch Tiere in dieser Region, ich habe zum Beispiel keine Vögel gesehen im ganzen Konyakland. Auch mit dem Wald/Dschungel sieht es ähnlich aus und in ein paar Jahren wird es hier wahrscheinlich keinen Baum mehr geben. Ich glaube das sie verlernt haben nachhaltig zu jagen bzw. Landwirtschaft zu betreiben. Schade
Das mit dem Essen von „Allem“ sieht man auch schön auf den lokalen Märkten, hier bekommt man exotische Delikatessen wie Ratten, Frösche und…exotische Lebensmittel
Während unserer Tour erlebte ich den polnischen Fotografen in Aktion, wenn er dann über Stunden den Locals mit der Kamera im Gesicht klebte. Aber er bezahlte sie auch dafür und dann war dies auch okay. Dafür muss man auch geboren sein umso aufdringlich zu sein.
Unser Ziel nachdem wir ein paar Dörfer besucht hatten war Longwoa, ein Dorf direkt an der Grenze zu Myanmar. Hier sollten wir/ich ein paar Tage bleiben. Der Häuptling hier bzw. sein Dorf ist eines der einflussreichsten in der Region. So gehören viele Dörfer auch jenseits der Grenze in Myanmar zu seinem Herrschaftsgebiet. blick auf longwaDa es keinerlei Straßen in dieser Region Myanmars gibt, gibt es auch keinen wirklichen Kontakt zu Myanmar sondern nur zu Indien. Longwoa liegt direkt auf der Grenze auf einem Bergkamm und ein Teil des Villages liegt eigentlich schon nicht mehr in Indien. Das Haus des Häuptlings z.B. liegt direkt auf der Grenze, die Hälfte ist in Indien und die andere in Myanmar und so saß ich manchmal mit einer Hälfte in Myanmar und einer Hälfte in Indien.hütte des häuptlings von longwa
Wie in den anderen Dörfern schien die einzige Beschäftigung des Häuptlings mit dem Rauchen von Opium zu bestehen. Wenn dann mal Besuch kam, bzw. er etwas zu entscheiden hatte, wurde kurze Pause eingelegt und dann ging es weiter. Er war auch von der Optik bzw. seiner Kleidung eine schrille Figur, wo eigentlich nichts häuptling von longwazusammengepasst hat. Aber er war immer sehr offen und gastfreundlich.
Hier in Longwoa fanden wir ein nettes Homestay, wenn auch wie überall zu teuer, und wir blieben 2 Tage zusammen hier. So waren wir viel in der Umgebung unterwegs, unser Guide erzählte viel zur Kultur und wir waren uns nie sicher in welchem Land wir uns gerade bewegten. Die Landschaft war großartig bis auf die leider fast komplett abgeholzten Wälder.berge bei longwa
Die Polen reisten nach 2 Tagen ab und ich blieb noch ein bisschen länger. Sobald ich alleine, ohne Guide, unterwegs war änderte sich das Verhalten der vor allem jüngeren Locals extrem. Nun wollte wieder jeder Geld für alles, da ja jeder Tourist nur zum Geld verdienen herkommt. Sie sind der Meinung, dass man z.B. jedes Foto von hier für tausende Euros verkaufen kann und ihre Kultur ja so einzigartig ist. Gerade die Jüngeren die eigentlich viel näher an unserem westlichen Leben dran sind als die meisten Inder. Hatte hier viele Diskussionen auch über die Zukunft als Touristenziel. Ich bin ja der Meinung, dass in 10-15 Jahren nichts mehr übrig ist von ihrer Kultur-ganz zu schweigen von der Natur und somit auch als Touristenziel uninteressant ist. beim opiumrauchenDa hat die indische Kultur eine wesentlich längere Haltbarkeitdauer. So bin ich dann mit gemischten Gefühlen von hier abgereist.
Die Fahrt zurück nach Indien war wiedermal anstrengend, in einem Jeep ging es morgens 6 Uhr auf die Piste. Mehr als 20km in der Stunde waren nicht drin. So saß ich dann insgesamt in 3 Jeeps und später sollten 3 Bussen folgen auf meinem Weg nach Guwahati bzw. Kaziranga, bis ich dann in einem Scheißkaff erst mal hängenblieb.
Es ist eine Stadt und es ist erst 18 Uhr aber alles ist hier geschlossen und dunkel und es gibt hier keine Transportmittel. Ich will es gar nicht glauben, so was passiert mir vielleicht in Indonesien aber doch nicht in Indien. Normalerweise gibt es doch immer zu jeder Uhrzeit irgendetwas in diesem Land. Ich laufe hier durch die halbe Stadt auf der Suche nach einer Transportmöglichkeit bzw. einem Hotel aber es gibt nix. Auch mit dem Trampen habe ich kein Glück, aber irgendwie finde ich dann doch noch nach Stunden einen Rikschafahrer, der mich bis nach Kaziranga fährt.ernten von tee
In Kaziranga gibt es den für mich besten Nationalpark Indiens. Hier finde ich dann auch ein Hotel und überlege kurz am Morgen ob ich in den Nationalpark gehe. Aber ich entscheide mich dann für den Besuch von ein paar Teeplantagen, bevor ich nachmittags nach Guwahati zurück reise. Ich war schon einmal in diesem Park, der hat mir vor Jahren sehr gefallen, aber ich bin noch zu kaputt von der gestrigen Tour. Die Teeplantagentour direkt vor der Haustür ist dann entspannter und ich kann auch gleich meinen Vorrat an Assam Tee wieder auffrischen.
Von Guwahati nehme ich dann einen guten und schnellen Zug nach Delhi. Ich habe zwar nicht den Schlafplatz bekommen den ich wollte, aber kann im Zug mit Hilfe des Schaffners noch den Platz tauschen. Im Zug habe ich wieder viel Spaß den doch manchmal etwas überforderten Inder zuzuschauen. Ob es darum geht den Sitzplatz in das Bett umzubauen oder das Gepäck zu verstauen. Auch stehen sie dauernd vor den Türen und auch nachdem sie fünfmal die Tür vor den Kopteeblätterf oder in den Rücken bekommen haben, können sie dies nicht lassen.
So erreiche ich das heiße, stickige, dreckige und viel zu laute und volle Delhi nach nur 25 Stunden (immerhin 2000Km).
Aber es nervt mich meine letzten zwei Tage hier zu verbringen. Ich erledige eigentlich nur noch ein paar Einkäufe und verbringe den Rest der Zeit im Hotelzimmer.
Ach ja das habe ich fast vergessen. Ich bin mittlerweile schon seit ein paar Tagen nicht mehr in Indien. Ich habe mal wieder ein paar Flüge mehr hinter mir. Ich bin kurz in Berlin gewesen um mein Gepäck abzustellen und seit fast einer Woche schon in Rumänien. Ich werde dann ab Donnerstag wieder in Berlin sein, da geht es dann auch erst mal direkt zum Nine Inch Nails-Konzert bevor der Alltag wieder ruft.konyakmen

KonyakfrauhäuptlingSchmied mädchen in longwamädchen in longwa (2)in der hütte des häuptlingstradition+heuteteeplantage in assambutterflyechsegrenzstein zwischen indien und myanmar